Füllfederhalter

Heute, da mehr auf Tastaturen gedroschen, denn auf Papier geschrieben wird, gilt der moderne Füllfederhalter nicht mehr nur als edles Schreibgerät – er wird gleich als Retter der gesamten Handschrift gepriesen ... Weiterlesen

Ratgeber

Hochwertige Füllfederhalter. Für schöne Schrift und besondere Momente.

Heute, da mehr auf Tastaturen gedroschen, denn auf Papier geschrieben wird, gilt der moderne Füllfederhalter nicht mehr nur als edles Schreibgerät – er wird gleich als Retter der gesamten Handschrift gepriesen. Und das hat seinen Grund: Keiner ist besser dafür geeignet, ordinäre „Sauklauen“ in gut lesbare, ansehnliche Schriftzüge zu verwandeln, als er. Das Alter der Schreibenden spielt dabei keine Rolle. Egal ob Kind oder Erwachsener, der mit Tinte und Feder versehene Stift lässt einfach keine schwunglose Handhabung zu. Seine besondere Machart sorgt dafür, dass Kapillarkräfte die Tinte von ihrem Depot in die fein geschliffene Feder ziehen. Die ausgeflossene Farbe wird dabei kontinuierlich durch einströmende Luft ersetzt. Das Resultat ist ein gleichbleibender und klecksfreier Tintenfluss – selbst wenn die Feder das Papier nur zart berührt. Für schnelles und sauberes Schreiben ist der Füller daher ideal. Angeblich nutzen ihn sämtliche Stenografen des Deutschen Bundestages mit einer Frequenz von bis zu 400 Silben pro Minute.

Vom funktionalen Gebrauchsgegenstand in den Olymp der Schreibgeräte.

Dabei verfolgte sein Schöpfer, wenn man den Überlieferungen trauen darf, weder einen geheimen schönschriftlichen Plan, noch wollte er mit Schreibtempo glänzen. Er hatte ein ganz profanes Ziel: Der Versicherungsagent Lewis Edson Waterman erfand den Füllfederhalter 1883 im Anschluss an einen misslungenen Vertragsabschluss, den sein eigener defekter Stift verschuldet hatte. Der Füller beglückte also die Welt als konstruktive Verarbeitung eines ganz persönlichen Scheiterns. Waterman wollte nie wieder auf derart plumpe Weise Geld verlieren und tüftelte darum aus Trotz eben jenes Tintenleitsystem aus, das uns bis heute durch jede Schullaufbahn begleitet.

Aber selbst wenn Sie nicht mehr die Schulbank drücken – einen hochwertigen Füller zu besitzen lohnt sich immer. Da ist zum einen das haptische Erlebnis, das Materialien wie Kupfer, Silber oder Messing mit jedem beschriebenen Blatt in der Hand entfalten: Mit einem edlen Schreibgerät zu schreiben macht einfach Spaß. Die Balance stimmt und mit jedem Schwung der Hand beginnen auch die Gedanken neu zu sprudeln. Die daraus geformten Worte gleiten leicht und flüssig auf das Papier. Und sind, dank der dem Füllfederhalter innewohnenden Kraft das eigene Schriftbild zu betonen, ganz Ausdruck Ihrer Persönlichkeit.

Übrigens: Edle Füllfederhalter sind absolute Liebhaberobjekte und können sich über die Jahre zu echten Wertanlagen entwickeln. Der bis heute teuerste Füller der Welt wechselte 2010 für sagenhafte acht Millionen US-Dollar seinen Besitzer. Das Stück mit dem wohlklingenden Namen „Fulgor Nocturnus“ – nächtlicher Glanz – hatte neben verschiedenen Edelmetallen allerdings auch 945 schwarze Diamanten und 123 Rubine zu bieten. Manchmal muss man sich eben etwas gönnen.

Des Füllers Füllung füllt Vers und Fass. Die Tinte.

Wer Füller sagt, der muss auch Tinte sagen, sonst sitzt er bald in ebendieser, selbst wenn er ein noch so edles Schreibgerät benutzt. Dabei ist gar nicht abschließend geklärt, warum wir dieses „in der Tinte sitzen“ so gerne gebrauchen, wenn wir uns in einer misslichen Lage befinden. Manche glauben, der Ursprung wäre in Heinrich Hoffmanns berühmtem Buch „Der Struwwelpeter“ zu suchen – genauer in der „Geschichte von den schwarzen Buben“, in der drei Jungen zur Strafe in ein Tintenfass getaucht werden. Doch es gibt Aufzeichnungen über die Verwendung der Redensart, die bis zum Ende des 15. Jahrhunderts zurückreichen ¬– und damit über dreihundert Jahre vor Hoffmanns autoritärem Erziehungsratgeber entstanden sind. Wahrscheinlicher ist wohl, dass die undurchsichtige, dunkle und schwer zu entfernende Tinte als Synonym für Dreck und Schmutz benutzt wurde. Und eventuell auch als Metapher für nicht mehr rückgängig zu machende – weil eben mit Tinte unterzeichnete – leider aber unglücklich verlaufende Vertragsgeschäfte.

Eine jahrtausendealte Tradition in modernem Gewand.

Mit „tincta aqua“, dem „gefärbten Wasser“, schrieben die Chinesen und alten Ägypter schon vor über 5.000 Jahren. Die Tinte damals hatte noch ein paar Schönheitsfehler. Da sie in der Regel aus einer Mischung aus Ruß, Wasser und dem Pflanzensaft „Gummi arabicum“ bestand, lagerten sich die Farbpigmente nur oberflächlich auf der zu beschreibenden Unterlage an. Die trockene Farbe fing leicht an zu bröckeln und war ohnehin gut zu entfernen.

Doch im Laufe der Zeit änderte sich das. Die Entdeckung neuer farbgebender Ausgangsstoffe wie Galläpfel, Eisensulfat, Rot- oder Grünspan machten haltbare Tinten möglich, in denen die Farbstoffe vollständig aufgelöst waren. Alchemisten entwickelten ausgefeilte Rezeptideen. Ein besonders originelles Rezept für goldene Tinte funktioniert sogar ganz ohne das entsprechende Edelmetall. Es findet sich in einer Handschrift aus dem 16. Jahrhundert. Aber Augen auf beim Nachkochen – Sie brauchen ein Huhn: „Fülle Quecksilber und Auripigment (gelbes Arsentrisulfid) in ein ausgeblasenes Ei und verstopfe die Einfüllöffnung. Schiebe das Ei einer brütenden Henne unter. Wenn die Henne ihr Gelege verlässt, so nehme dein Ei, öffne es und zerreib den Inhalt mit etwas Wasser, sodass man damit schreiben kann.“

Glücklicherweise kommt Produzenten heute weder Federvieh noch giftiges Schwermetall ins Tintenfass. Besonders in hochwertigen Tinten finden sich weitaus geschmackvollere Ausgangsstoffe, zum Beispiel Kaffee oder Rotwein. Manchmal kommt sogar Nanotechnik zum Einsatz, wenn die Tinte einen unverwüstlichen Charakter haben soll. Nostalgiker können ihre wichtigen Unterlagen natürlich auch weiterhin mit der guten alten Eisengallustinte unterzeichnen. Achten Sie nur auf die entsprechende Feder, denn Ihren Füller würden Sie sich mit dieser Tinte ruinieren.

Die Kür für edle Füllfederhalter. Der Liebesbrief.

Jimi Hendrix hat es getan. Heinrich der VIII. ebenfalls. Und Napoleon Bonaparte, John Keats, Richard Burton und Ernest Hemingway auch – von ihnen allen sind Briefe an ihre geliebten Herzensdamen erhalten. Natürlich ist der gemeine Liebesbrief, diese Gefühlsexplosion auf dem Postweg, kein Alleinstellungsmerkmal des männlichen Geschlechts. Auch der weibliche Teil der Weltbevölkerung ist gut darin, seine romantischen Gefühle und Sehnsüchte in Textform auszudrücken. In dem Buch „Liebesbriefe großer Frauen“ ist das eindrucksvoll nachzulesen. Nun kommt es bei diesen begehrlichen Schriftstücken natürlich in erster Linie auf den Inhalt an. Aber eben nicht nur.

Ein wohlüberlegtes Drumherum vermag den Wert der persönlichen Worte in den Augen des angebeteten Empfängers noch kostbarer erscheinen zu lassen. Vermutlich sind Herzen nämlich eher selten per Textnachricht auf dem Smartphone oder Computer erweicht und gewonnen worden. Ganz zu schweigen von dem verführerischen Duft des Ewigen, der ein hochwertiges und handschriftlich bearbeitetes Papier umweht. Da ist es doch selbstverständlich, dass man auch nicht den allerersten Stift benutzt, der sich einem anbietet. Für einen gelungenen Liebesbrief sind Feder und Tinte Pflicht. Denn wie sagt schon ein altes russisches Sprichwort: „Was mit der Feder geschrieben wurde, hackt man mit der Axt nicht ab.“ Und genau diese Haltbarkeit strebt man doch an, oder wollen Sie am Ende nur eine flüchtige Affäre?

Nur in besonderen Situationen können Liebesbriefe ausnahmsweise auch mit günstigerem Schreibgerät geschrieben werden. Kein Geringerer als Ludwig van Beethoven zeigt das in seinem berühmten dreiteiligen Brief an die „Unsterbliche Geliebte“, hinter der Historiker heute die österreichische Diplomatentochter Antonie Brentano vermuten. In einer Zeile heißt es da: „6. Juli 1806 – Am Morgen. Mein Engel, mein alles, mein Ich. Nur einige Worte heute, und zwar mit Bleystift (mit deinem).“ Merke: Ist man also ein musikalisches Genie und darüber hinaus schon am Ort des Geschehens angekommen, braucht man Feder und Tinte nicht mehr zwangsläufig, um die stummen Schreie seines Herzens in geflügelte Worte zu verwandeln. Sonst aber doch. Und schöner ist es sowieso.

Sollten Sie jetzt übrigens ebenfalls inspiriert sein, Ihre eigenen Gefühle in einem wunderbaren Schriftstück zu offenbaren, warten Sie damit nicht bis zum nächsten Valentinstag. Zücken Sie einfach Ihren Füllfederhalter, suchen Sie sich ein geeignetes Stück Papier und hören Sie auf Jean-Jacques Rousseau: „Um einen guten Liebesbrief zu schreiben, musst du anfangen, ohne zu wissen, was du sagen willst, und endigen, ohne zu wissen, was du gesagt hast.“ Ist doch eigentlich ganz einfach, oder?