Bürsten
Die ältesten Bürsten bestanden noch aus einfach zusammengebundenen Faserbündeln, doch bereits Heinrich Schliemann fand bei seiner 1870 gestarteten Ausgrabung des bronzezeitlichen Trojas ... Weiterlesen
Ratgeber
Seit langer Zeit bewährt. In der Tradition der Bürstenbinder
Die ältesten Bürsten bestanden noch aus einfach zusammengebundenen Faserbündeln, doch bereits Heinrich Schliemann fand bei seiner 1870 gestarteten Ausgrabung des bronzezeitlichen Trojas etwa 4.000 Jahre alte, tönerne Bürstenkörper mit Löchern, in denen der Besatz höchstwahrscheinlich mittels Pech befestigt wurde. Und spätestens mit den ersten mittelalterlichen Bürstenbindern, die von Tür zu Tür gingen und ihre Ware feilboten, entstand – neben der Mär von einem besonders trinkfesten Handwerkertypus („Saufen wie die Bürstenbinder“) – über die Zeit auch ein wachsendes Arsenal unterschiedlicher Bürsten- und Besentypen: Kehrbesen, Handfeger, Kleiderbürsten, Reibebürsten, Kopfbürsten, Schuhbürsten, Kratzbürsten, Eckenbürsten, Fußbodenbürsten, Fusselbürsten, Rohrbürsten, Flaschenbürsten, Kehrwische, Rauhköpfe, Borstwische, Spinnenstäuber, Haarbesen, Tischbesen, Gemüsebürsten, Feinbürsten, Zahnbürsten, Toilettenbürsten, Silberbürsten und so weiter.
Doch wie vielfältig Bürsten und Besen nach funktionalen und formalen Gesichtspunkten auch sein mögen, so wenig unterscheiden sie sich doch ihre Herstellung betreffend. Noch heute werden die besten Stücke in Handarbeit gefertigt.
Das Zurichten.
Besonders tierische Besätze müssen meist in mehreren Schritten gereinigt, gekocht, gekämmt, gespalten und gezupft werden, bis sie endlich in den Bürstenkörper eingebracht werden können. Diesen aufwendigen Prozess nennt man im Fachjargon Zurichten. Wie die Anfertigung der Bürstenkörper gehörte auch das Zurichten des Besatzes ursprünglich mit zum Handwerk der Bürstenbinder – heute wird das Material in der Regel fertig angeliefert und muss nur noch richtig portioniert und in der Länge angepasst werden.
Der Handeinzug.
Der traditionelle Handeinzug steht bis heute für die hohe Wertigkeit einer Bürste: Keine Maschine kann Besatz und Bürstenkörper so stabil miteinander verbinden wie die menschliche Hand. Per Draht wird jedes Besatzbündel einzeln in die konischen Bohrungen des Bürstenkörpers eingezogen und fixiert. Nach jeder fertig eingezogenen Reihe stutzt man die Besatzlänge auf die richtige Länge. Ist die Bürste fertig gefüllt und der Draht abschließend vernäht, setzt der Bürstenbinder den hinteren Bürstenkörper auf, um die Nähte zu verstecken. An diesem zweigeteilten Bürstenkörper kann auch der Laie jederzeit eine handgefertigte Bürste erkennen.
Das Drehen.
Bei gedrehten Bürsten wird der Besatz gleichmäßig zwischen zwei sich ineinander verdrehende Drähte eingebracht und so festgeklemmt, dass er nicht mehr von der Stelle weicht. Ist die sogenannte Raupe fertig, wird der Besatz auf die gewünschte Länge gekürzt. Die entstandene gedrehte Bürste ist mit ihrem dünnen und flexiblen Metallkörper nun bereit für Sie an Orte vorzudringen, die nie eine normalgroße Bürste zuvor gesehen hat.
Übrigens: Zur Ehrenrettung der angeblich so gerne volltrunkenen Bürstenbinder muss man an dieser Stelle anmerken, dass ihrem Berufsstand höchstwahrscheinlich nicht ihr eigener, übermäßiger Alkoholkonsum, sondern lediglich die Doppelsinnigkeit des mittelalterlichen Worts „Bürsten“ zum Verhängnis wurde – man benutzte es damals als Synonym für das Trinken. Und irgendein Schelm hatte dann vermutlich die bahnbrechende, oben genannte Assoziation.