🕑 6:38 Min. | Von Barbara Römer | Zum Produkt
„Hotz, hast du kalte Füße!“ Der Habichtshof’sche Baron stößt diesen Ruf des Schreckens aus, als Tipsy in stockdunkler Nacht versehentlich in sein Bett schlüpft. Und bitte, nicht dass Sie jetzt auf falsche Gedanken kommen: „Tipsys sonderliche Liebesgeschichte“ der deutschen Erzählerin Else Hueck-Dehio ist vollkommen jugendfrei, diese vermeintliche „Bettszene“ eingeschlossen. Tipsy, jung und in sämtlichen Lebens- und Liebesdingen, erst recht den erotischen, gänzlich naiv und unerfahren, flieht wie ein aufgeschrecktes Reh, als der Ausruf des Barons erklingt.
Naiv oder nicht, als Kind ließ ich mich einnehmen von dieser lange vergangenen, heilen Welt – die natürlich alles andere als „heil“ war, aber das begriff ich erst viel später, wie so vieles dieser sonderbaren Geschichte. „Hotz, hast du kalte Füße!“ verstand ich jedoch sofort, konnte es von den Haar- bis in die Zehenspitzen nachfühlen. Zumal in der Erzählung tiefster baltischer Winter herrscht, da sollte man wohl kalte Füße bekommen, wenn man des Nachts auf der Suche nach dem Abort über eisige Böden schleicht (und sich auf dem Rückweg im Zimmer irrt). Und was tut der Mensch, wenn ihm kalt ist? Er sucht nach einer Möglichkeit, sich zu wärmen.
Geborgenheit und Wohlgefühl
Kalte Füße! Sie sind dem Menschen in der Regel selbst dann ein Gräuel, wenn die Ohren warm sind. Zwischen klammen Laken finden Körper und Geist nicht zur Ruhe, im kalten Zimmer werden die Füße nicht warm und wärmende menschliche Bettgenoss*innen waren und sind aus sozialen, religiösen oder ethischen Gründen nicht immer eine akzeptable Lösung – zumal diese nicht weniger als der Baron gegen die kalten Füße protestieren würden: Hotz! Wärme dagegen vermittelt Geborgenheit und Wohlgefühl, und da ist es doch nur allzu verständlich, dass sich die Menschheit seit Anbeginn winterlicher Schlafenszeit darum bemüht, sich wohlig warm von Kopf bis Zeh zur Nachtruhe zu betten. Arm und Reich, Groß und Klein – mit Eisfüßen will oder kann oder mag oder sollte der Mensch nicht schlafen gehen müssen.
Doch wie heizt man den Raum und wärmt das Bett vor, wenn bahnbrechende Dinge wie eine Zentralheizung schlicht noch nicht erfunden sind? In nur wenigen Klöstern und Burgen gab es Warmluftsysteme, die dem römischen Hypocaustum abgeguckt worden waren und eine Art mittelalterliche Fußbodenheizung bildeten; auch einige wohlhabende Haushalte konnten mithilfe einer ausgeklügelten Raumarchitektur erwärmte Luft zirkulieren lassen. Und im Norden und Nordosten Chinas hat mancherorts heute noch das Kang Tradition: Auf diesem gemauerten Ofenbett schläft kurzerhand die ganze Familie. Aber für die meisten Menschen im ungemütlichen Europa hieß es: Sind Feuerstelle, Kamin oder Ofen aus, werden Zimmer und Bett kalt. Sehr kalt. Und damit kam der Stein ins Rollen, besser gesagt: Er gelangte ins Bett.
Der Stein der Wärme
Naturgegeben reicht die Geschichte der Bettwärmer sehr weit zurück, möglicherweise nutzten bereits Steinzeitmenschen aufgeheizte Steine, um sich nächtens zu wärmen. Die alten Römer kannten Terrakottagefäße, die mit heißem Wasser gefüllt wurden – manche Modelle waren sogar der Anatomie einzelner Körperteile nachgeformt. Im Archäologischen Bezirksmuseum Paphos auf Zypern kann man Terrakottawärmer bestaunen, die anscheinend eigens für die Ohren angefertigt worden waren.
Die ersten Bettwärmer aus Metall, zum Beispiel Zinn, kannte man wohl schon im 16. Jahrhundert, doch die waren eher etwas für sehr wohlhabende Bürger; die Mehrheit der Bevölkerung nutzte besagte Steine, um das Bett vorzuwärmen. So wurde im Gebiet des heutigen Sachsens Serpentinstein gefunden: Er kann Wärme besonders gut speichern und halten. Auch hier hieß es: Wer es sich leisten konnte, wärmte seine Laken und Zehen mit dem Serpentinstein, die restliche Bevölkerung nutzte einfache Ziegelsteine. Und um Laken und Haut nicht zu verbrennen, wurden die erhitzten Serpentin- oder Mauersteine in Tücher gewickelt. Das hielt das Bett vermutlich nicht allzu lange warm, verhalf aber zumindest beim Einschlafen zu Wohlbehagen.
Ab dem 16. Jahrhundert wurden in Europa neben den Zinnbettwärmern auch solche aus Zink oder Messing gefertigt, und seit der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert tauchten vor allem nördlich der Alpen Bettwärmer aus Kupfer auf. Da gab es zum einen die Wärmepfannen, die mit glimmender Holzkohle bestückt und an ihrem langen Holzstiel unter die Laken geschoben wurden, und zum anderen die gerundeten Bettwärmer, die mit heißem Wasser gefüllt wurden. Wie die Steine, so wurden auch die wassergefüllten Kupferbettwärmer mit einem Tuch umhüllt oder gar mit einem Bezug umhäkelt, um Verbrennungen zu vermeiden.
Geradezu selbstlos: Wärmeleiter Kupfer
Kupfer war, ist und wird immer sein: ein exzellenter Wärmeleiter, geradezu selbstlos in seiner Wärmeleitfähigkeit. Das Metall nimmt Wärme rasch auf, verteilt sie gleichmäßig und gibt Ihrem Bett ebenso gleichmäßig wieder davon ab – davon profitieren Ihre Füße, sobald Sie unter die Decke schlüpfen. Dass sich der kupferne Bettwärmer bis ins 20. Jahrhundert hielt, verwundert also kaum. Erst mit der Wärmflasche aus Gummi, die seit den 1920er Jahren in Umlauf kam, schien das Ende des Kupferbettwärmers besiegelt. Gummiwärmflaschen sind einfach … schmiegsamer. Wer kennt aus der eigenen Kindheit nicht das Gefühl liebevoller Zuwendung und Geborgenheit, wenn wir, vom Spiel im Schnee durchgefroren oder auch von Schüttelfrost geplagt, mit einer nachgiebig weichen Gummiwärmflasche ins Bett gesteckt wurden. Bei Bauchschmerzen wirkt eine Wärmflasche gar wie Medizin, fanden fleißige Forscher*innen heraus. Und es kuschelt sich nun einmal schöner an eine Gummiwärmflasche als an einen harten Tonkrug oder an ein unnachgiebiges kupfernes Ei.
Und trotzdem. Wollen wir doch mal die Kirche im Dorf und das Kupfer im Bett lassen: Die Bettwärmflasche aus Kupfer soll vorwärmen, nicht kuscheln. In ihrer reinen Funktionalität bewährt sie sich also nach wie vor aufs Beste. Denn – wir können es nicht oft genug betonen – Kupfer war, ist und wird immer sein: ein exzellenter Wärmeleiter. Ihre halberfrorenen Füße werden Ihnen diese überragende Wärmeleitfähigkeit danken, sobald sie die Behaglichkeit der warmen Laken spüren. Außerdem benötigen Sie Gummiflasche und Kupfer-Ei nicht mehr, wenn an der Stelle des Bettwärmers schließlich liebevoll Katze oder Plüschtier, Hund oder Herzensmensch einspringt. Und vor allem Letztere*r, das ahnen wir voraus, wird Sie dann gewiss nicht mit einem „Hotz!“ wieder aus der Gemütlichkeit des vorgewärmten Bettes vertreiben.
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